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Krisen und Diabetes

Diabetes ist (k)ein Zuckerschlecken! Das ist unser Slogan in der Diabetes Selbsthilfe Vorarlberg. Tatsächlich besteht die Kunst beim Diabetes-Management nicht darin auf Zucker zu verzichten, vielmehr geht es darum alles dauernd in der Waage zu halten. Durch das erlernte Ausgleichen mit Insulin, Medikamenten, Bewegung und Zucker ist es eine ständige Herausforderung. Das in den Alltag einzubauen, die größeren und kleineren Krisen zu schaffen, und dabei ein als „normal“ empfundenes Leben zu leben, wird durch psychosoziale Begleitung etwas leichter.

So ein Leben mit Diabetes ist als Betroffener, aber auch als Angehörige nicht ganz einfach. Es ist allerdings heute auch nicht mehr ganz so schwer wie noch vor 20 oder 30 Jahren. Aber nach so einer Diagnose wieder zu einer Art Routine und "normalisierten" Lebensweise zu gelangen, verlangt einem und auch seinem Umfeld sehr viel ab.

Die Diagnose Diabetes hat weitreichende Folgen für das Leben von Betroffenen und für deren Angehörige. Es geht nicht nur um Blutzuckerkontrollen und Essverhalten ändern, sondern es erhalten viele psychosoziale Aspekte eine ganz andere Gewichtung im Leben derjenigen. Kurzgefasst: Ein Diabetes bedeutet lebenslange Beschäftigung – 365 Tage im Jahr, 24 Stunden pro Tag, 7 Tage die Woche. Urlaub gibt es davon keinen. Zumindest keinen von der Therapie – macht man das trotzdem einmal, fühlt man sich garantiert weniger erholt als davor.

Zu den Alltagskrisen kommen zusätzliche Schwierigkeiten und Probleme – durch mangelnde Aufklärung und Unterscheidung verschiedener Diabetes-Typen in der Bevölkerung, haben Menschen mit Diabetes oft massiv mit veralteten Vorurteilen zu kämpfen. Nicht selten bekommen diese Aussagen wie: „selber Schuld“, „bist halt zu dick“, „hast zu viel Süßes gegessen?“ oder „hättest dich halt mehr bewegt“ zu hören… Dass ein Diabetes mit der Lebensweise eines Menschen zumeist sehr wenig bis überhaupt nichts zu tun hat, ist schlichtweg immer noch nicht hinreichend bekannt.

Es gibt mehrere Formen von Diabetes, und keine Diagnose ist minder schlimm:

Jede Diabetes-Form betrifft den Menschen als Ganzes. Jeder Bereich des Lebens ist durch die chronische Erkrankung betroffen und nach dem Schock der Diagnose, muss erst einmal gelernt werden, wie man das ganze Leben nun trotz Diabetes-Management wieder so in den Griff bekommt, dass man damit einen für sich „normalen“ Alltag schafft.

Als Mensch mit der Diagnose Typ 1 Diabetes hat man viel zu lernen: Das Erlernen und Umsetzen der Insulintherapie - Pumpe oder mit Pens (Spritzen), Injektionen verabreichen, Fingerstechen, eventuell den Umgang mit Tabletten, das Essen

berechnen und schätzen lernen, den Umgang mit Blutzuckermessgeräten und Glucose-Messsystemen, d. h. Sensoren und Empfängern. Dazu kommen viele Schulungen zu Unterzuckerungen (Hypo), Überzuckerungen (Hyper bis Ketoazidose), Ernährungsberatung, Sport und auch den Umgang mit Festen, Feiern und Essen gehen mit Familie und Freunden muss man neu erlernen. Da es mittlerweile sehr, sehr viel technische Helferleins gibt, welche wirklich die Therapie und somit das Leben erleichtern, sobald man sich damit auskennt und die Handhabung beherrscht, kann das Leben als Mensch mit Typ 1 Diabetes gesund und größtenteils gut verlaufen. Aber dran geblieben werden muss. Dieser Diabetes-Typ war früher als Kinder- und Jugenddiabetes bekannt. Mittlerweile ist hinreichend bekannt, dass auch Menschen im Erwachsenenalter einen Diabetes Typ 1 bekommen können, es handelt sich um eine Autoimmunreaktion, die dafür sorgt, dass die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse absterben.

Erhält jemand die Diagnose Typ 2 Diabetes bedeutet das, dass sich dieser Mensch genauso wie diejenigen mit Typ 1 Diabetes mit Ernährung, Medikamenten, möglicherweise Insulin und den dazugehörigen Systemen zur Insulinabgabe (Injektionen) oder alternativ Tabletten auseinandersetzen muss. Die Überwachung von Blutzucker und Glukose, ein neuer Umgang mit Essen und Bewegung im Alltag muss genauso wie beim Typ 1 Diabetes neu erlernt werden. Je nach Zustand und Einzelfall kommt es teilweise zur Erholung der insulinproduzierenden Zellen oder einer Rückentwicklung der Insulinresistenz im Körper, diesen Menschen kann es unter Umständen wieder möglich sein, ohne sehr viel Diabetes-Therapie zu leben.

Mit einem Gestationsdiabetes, dem Schwangerschaftsdiabetes haben es werdende Mamas nicht leicht. Jede möchte das Beste für ihr Kind und muss nun in der Zeit der Schwangerschaft den Umgang mit oben genannten Dingen erlernen. Mit etwas Glück vergeht der Diabetes nach der Schwangerschaft wieder.

Mittlerweile weiß man, dass es auch noch weitere Typen an Diabetes gibt: Zum Beispiel den Typ LADA – dieser entsteht im Erwachsenenalter und wurde vor einiger Zeit oftmals als Typ 2 Diabetes fehldiagnostiziert. In den ersten Monaten nach einer Diagnose benötigen die Betroffenen oft noch keine Insulininjektionen. Mit zunehmender Krankheitsdauer ist die Insulinzufuhr jedoch häufig unumgänglich, das kann verschieden lange andauern. Noch weniger bekannt, aber nicht minder schlimm für Betroffene ist die Entstehung eines Diabetes nach einer Bauchspeicheldrüsenentzündung oder nach einem Unfall. Wird weniger oder kein Insulin mehr produziert, braucht der Körper Hilfe und die Betroffenen erhalten eine genauso umfassende Diabetes-Therapie, die es Ihnen ermöglicht gesund am Leben zu bleiben.

Psychosoziale Beratung – das Reden über eigene Probleme, die Dauerbelastung oder Ängste bei Diabetes – ermöglichen eine Verbesserung der Therapie. Sie können innerhalb von Familien mit Angehörigen mit Diabetes viel Gutes bewirken: Psychisch gesund bleiben, Zusammenhalt fördern und helfen das Familienleben zu verbessern. Begleitung bei Ängsten, Sorgen, Belastungen und anderen Krisen anzunehmen, kann die Lebensqualität und Lebensfreude von Menschen mit Diabetes und deren Angehörigen erhöhen und entlastend wirken. Lebens- und SozialberaterInnen (LSB) sind, neben PsychotherapeutInnen und PsychologInnen, professionelle Anlaufstellen

für Hilfesuchende österreichweit. LSB arbeiten im Gegensatz zu anderen Gesundheitsberufen mit psychisch gesunden Menschen, sie sind fundiert ausgebildete ExpertInnen in mentaler Gesundheit. Dieses Angebot kann als Hilfe zur Selbsthilfe gesehen werden, mehr Freiheit und Selbstbestimmtheit im Umgang mit der Erkrankung zu erlangen, damit wir einander gesund am Leben erhalten können, und uns körperlich und seelisch stärken. Auch mit der Diagnose Diabetes kann das Leben wieder gut werden. Sich Hilfe zu holen ist stark!

Autorin: Isabella Schwärzler ist Lebens- und Sozialberaterin, Sozialpädagogin und Philologin. Seit ihrem 10. Lebensjahr ist sie selbst Typ 1 Diabetikerin und setzt sich für Menschen mit Diabetes ein: sie ist Vorstandsmitglied bei „Wir sind Diabetes“ www.wirsinddiabetes.at und bei der Diabetes Selbsthilfe Vorarlberg www.dsh-vorarlberg.at Die psychosoziale Begleitung von Menschen mit chronischen Erkrankungen aller Art ist wichtig und kann nachweislich Verbesserungen in deren Langzeittherapien bringen. Weitere Informationen finden sich hier...

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